Flusslauf der Rhume wird zwischen
Gieboldehausen und Bilshausen verlegt

Die Rhume wird um mehr als einen Kilometer verlängert. Ihr Lauf zwischen Gieboldehausen und Bilshausen soll streckenweise ins ursprüngliche Flussbett zurückfinden. Um dem aus einer der größten Karstquellen Europas [Rhumequelle] gespeisten Fluss wieder mehr Raum zu geben, will das Umweltministerium des Landes zwei Altarme reaktivieren.

Die beiden Projekte gehören zu den 54 Vorhaben des Fließgewässerprogramms 2014, das Niedersachsen mit rund fünf Millionen Euro fördert. An der Rhume geht es in diesem Jahr zunächst um Grunderwerb und Planung, die Wiederbelebung der Gewässerschleifen soll dann in den Folgejahren umgesetzt werden.

Mit der Laufverlegung der Rhume wird auch der Lauf der Geschichte zurückgedreht. Die Rhume oberhalb Bilshausens wurde in den 1930er-Jahren mit Durchstichen vom Reichsarbeitsdienst begradigt. Jetzt soll der Fluss wieder mäandrieren können, zumindest ein Teil des Wassers die Altarme durchfließen. Das erfreut Naturfreunde und Angler ebenso wie Bilshausens Verwaltungsvertreter Klaus-Dieter Grobecker, da die Renaturierung der Rhume auch den Hochwasserschutz verbessert: „Die Strömung wird etwas gebändigt, die Fließgeschwindigkeit gebremst.“

Für Irritationen hat die Projektliste des Ministeriums in der Samtgemeinde Gieboldehausen gesorgt. In der Auflistung waren je ein Altarm in der Gemeinde Gieboldehausen und der Gemeinde Bilshausen aufgeführt. Bei Grobecker, der auch Samtgemeinde-Bauamtsleiter ist, weckte das Hoffnung auf den Anschluss von zwei Rhume-Fragmenten – eines offen, eines verlandet – in der Gemarkung Bilshausen, der seit Jahren immer wieder im Gespräch ist.

Die sind aber nicht dabei, die Zuordnung stimmte nicht. Stattdessen geht es um einen rund 300 Meter langen Altarm südlich der Rhume in der Gemeinde Gieboldehausen und einen rund 850 Meter langen nördlichen Altarm in der Gemeinde Hattorf. Letzter befindet sich bereits weitgehend in Landesbesitz und soll jetzt durch Zukäufe abgerundet werden.

Beide Altarme – bei den Anglern bekannt als Baronscher Teich und Schleienteich – sind noch fast vollständig erhalten, der Bewuchs von Totholz und gedeihenden Auenwäldern geprägt. Reinhard Kellner als Vorsitzender des Angelsportvereins Gieboldehausen, der in der Vergangenheit den Baronschen Teich gepachtet hatte, begrüßt den Wiederanschluss der „inzwischen toten Stehgewässer“ als „außerordentlichen Gewinn für die Flusslandschaft“.

Bevor die Bagger anrücken können, ist aber noch viel Vorarbeit vom federführenden Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) zu leisten. Unter Einbindung verschiedener Behörden müssen Fragen von Biotopen bis zum Hochwasserschutz geklärt, der Boden untersucht und umfangreiche hydraulische Berechnungen angestellt werden.

Zum Fließgewässerprogramm gehören auch weitere Ankäufe für das Flora- und Fauna-Habitat/Naturschutzgebiet Rhume im Raum Northeim sowie die Wiederherstellung der ökologischen Gewässerdurchgängigkeit von Oker und Söse. Entgegen Befürchtungen einzelner Anlieger habe sich der Wasserspiegel der Rhume durch das neue Wehr mit Fischtreppe in Lindau gesenkt, merkt Grobecker an.

Auf landeseigenen Flächen solle eine natürliche Gewässerentwicklung durch die Dynamik der Rhume zugelassen werden, initiiert durch „den Einbau von Strömungslenkern und den Anriss von Uferstrecken“, teilt Ministeriumssprecherin Herma Heyken mit. Der Fluss soll sich also in begrenztem Rahmen seinen Lauf selbst suchen. Neben positiven Auswirkungen auf die Fischfauna und die Kleinstlebewesen soll durch die Laufverlängerung und der damit verbundenen Gefällereduzierung auch der Tiefenerosion der Rhume entgegen gewirkt werden.

„Wenn der Mensch mit der Natur arbeitet und nicht gegen sie, bleibt der Erfolg nicht aus“, sagt Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne): „Eine intakte und ausreichend große Aue dient mehreren Zielen gleichzeitig.“ Wegen der Förderkulisse dränge die Zeit. Alle Akteure seien bemüht, die Projekte rechtzeitig fertigzustellen. Gewässer benötigten schlichtweg Raum, Fische strukturreiche und naturnahe Gewässer.

Quelle: Göttinger Tageblatt 16.04.2014

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