Der Ritterstein

Von der Steinkirche gelangt man auf einem bequemen Fußpfad zum langgestreckten Rücken des Steinbergs und zu seiner Südspitze, dem "Ritterstein". Die mächtigen Felspartien und überhängenden Felsdächer (Abb. 52; 52a) verleihen dem Berg ein besonderes Gepräge; aber allein auch schon wegen der weiten Sicht in das südliche Harzvorland ist ein Besuch lohnend.

Durch einen natürlichen Querspalt im Fels wird der Ritterstein von dem Gesamtmassiv des Steinbergs getrennt, so daß er eine isolierte Kuppe bildet. Ganz offensichtlich ist jener natürliche Spalt durch Menschenhand künstlich zu einem Graben erweitert worden, wobei vor diesem ein Wall aufgeschüttet wurde (Abb. 53 b). Deutlich biegen Wall und Graben - zunächst an der Westseite entlangziehend - in einem rechten Winkel gegen Osten um, überqueren den schmalen Bergrücken und enden am Oststeilhang des Berges.

Abb. 52  Scharzfeld. Felsschutzdach
(Abris) am Ritterstein
Abb. 53  Scharzfeld.
a Felspartien am Ritterstein
und Steinberg. Blick von O.
b. Abschnittswall auf dem Ritterstein

Archäologische Untersuchungen haben an diesem kleinen befestigten Platz, der einen Durchmesser von ungefähr 30 x 30 m hat, noch nicht stattgefunden. Über seine Bedeutung und sein Alter ist daher nichts bekannt. Urkundliche Erwähnungen fehlen völlig. Es bleibt also zunächst fraglich, ob es sich um eine Wallanlage aus vor- oder frühgeschichtlicher Zeit handelt. Gewiß sind in der Nähe dieses Rittersteins gelegentlich mittelalterliche Gefäßscherben aufgelesen worden - es handelt sich um einzelne blaugraue Scherben des 13./14. Jahrhunderts -, doch können diese für eine genauere zeitliche Einordnung dieser kleinen Wallanlage nicht herangezogen werden. Mehrfach ist die Vermutung geäußert worden, daß es sich bei dieser kleinen befestigten Bergkuppe vielleicht um einen Vorposten für die weiter ostwärts gelegene mittelalterliche Burg Scharzfels handelt. Diese Überlegung könnte durchaus zutreffen, doch lassen sich dafür vorerst Belege nicht beibringen. Daß diesem Platz aber eine besondere Bedeutung beigemessen werden muß, mag daraus ersichtlich werden, daß seit Menschengedenken von dieser Kuppe aus in der Osternacht das Osterfeuer weit in die Talebene leuchtet. Eine alte Tradition hat sich hier im Volksbrauch bis in unsere Zeit erhalten.

Eine weitere kleine, wallähnliche Anlage lag unmittelbar über der Steinkirche auf dem leicht abfallenden Westhang des Steinberges. Nur undeutlich sind Spuren eines Walls mit vorgelagertem Graben noch erkennbar. Stellenweise ist hier das Erdreich abgetragen worden, so daß der Fels zutage tritt. Angeblich soll das in Verbindung mit der im Jahre 1937 durchgeführten Grabung vor der Steinkirche geschehen sein, um dort die durch die Arbeiten entstandenen Löcher wieder mit Erdreich anzufüllen. Dies ist um so bedauerlicher, weil dadurch der Gesamteindruck jener kleinen Wallanlage derart gestört worden ist, daß irgendwelche Aussagen über sie heute nicht mehr gemacht werden können.

CLAUS, Martin (1978): Archäologie im südwestlichen Harzvorland.- Wegweiser zur Vor- und Frühgeschichte Niedersachsens, H.10:127-130, 194 S., 74 Abb., Hildesheim

GPS-Koordinaten
N 51.6320° E 10.3783°

Der Höhlenforscher Dr. Ing. Friedrich Stolberg schrieb 1968 in seinem Buch
„Befestigungsanlagen im und am Harz von der Frühgeschichte bis zur Neuzeit“


356. Ritterstein. Burgwall. Scharzfeld, Kr. Osterode, Bez. Hildesheim.

Name: Ritterstein, Steinbergklippe.

Meßtischblatt: 2450/4328 Bad Lauterberg; S 14,8; W 12,8.

Allgemeine Lage: Südharzrand über dem unteren Odertal (Liesgau).

Örtliche Lage: 300 m NN auf nach Süden über Felsen abbrechendem Bergsporn, zwischen Bremketal und Mönchetal, unmittelbar über Dorf Scharzfeld (239 m NN).

Baugrund: Zechstein-Hauptdolomit.

Beschreibung: Burgplatz ca. 30X30 m, nach Süden und Osten mit senkrechten und überhängenden Felsen abbrechend, Steilhang gegen Westen, nördlich die Hochplatte des Steinberges (Angriffseite). Auf Nord- und Westseite im rechten Winkel umbiegender Graben mit Vorwall, außerdem nördlich kleine Vorburg mit Querwall und Vorgraben. 140 m nördlich, 20 m tiefer, im Hang zum Mönchetal ausgehend, die Höhle „Steinkirche“.

Geschichte: Keine Nennung, Untersuchung steht noch aus. Die unmittelbar benachbarte Höhle „Steinkirche“ hat noch im Mittelalter als Kultraum gedient (Felskanzel, Altarstufen), Grabungen vor 1945 ergaben Fundmaterial vom Paläolithikum bis zum Mittelalter. Zusammenhang zwischen Höhle und Burgwall anzunehmen.

Funde: Funde bisher auf „Steinkirche“ beschränkt (vgl. oben). Auswertung steht noch aus.

Lit. u. Abb.: Jacob-Friesen, Führer zu urgeschichtl. Fundst. Niedersachs. 2, Hannover 1926 S. 29; Schirwitz, ZHV 94 NF 13 1961 S. 1 ff. u. Abb.; Stolberg, Die Höhlen des Harzes I, Sonderheft Der Harz, Magdeburg 1926 S. 10 f. („Steinkirche“, Kupferstich von Ludwig Richter 1838).

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