[Auszug aus:]

Biosphärenreservat im Südharz - Eine Chance für die Region?

Von Yvonne Brodda, Bremen (2002)

SCHLUSSFOLGERUNGEN UND HANDLUNGSBEDARF

Nach Abstrahierung der Ergebnisse aus der Fallstudie leitet sich ein allgemeiner Handlungsbedarf auf drei Ebenen ab:
Auf der theoretischen Ebene müssen bei der allgemeinen wie konkreten Darstellung des Instrumentes Biosphärenreservat dessen integrativer Ansatz und seine besonderen Potenziale in Bezug auf die Regionalentwicklung stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. Das Biosphärenreservat darf nicht ohne weiteres in eine Reihe mit den anderen Schutzgebietskategorien gestellt werden, sonst wird es seinem eigenen Anspruch nicht gerecht. So sollten Doppelausweisungen von Biosphärenreservaten und Nationalparks mit identischem Grenzverlauf (wie z.B. im Falle des Niedersächsischen Wattenmeeres) unbedingt vermieden werden, da sich gerade diese beiden Konzeptionen fundamental voneinander unterscheiden!

Desweiteren ist vonnöten, die ökonomische Wirkungsweise von Biosphärenreservaten zu konkretisieren und nachvollziehbar zu begründen. Dieses sollte nicht nur in der Theorie geschehen. Vielmehr besteht dringender Bedarf an Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen von bereits bestehenden Biosphärenreservaten und deren Wirksamkeit in der Praxis.

Auf der konzeptionellen Ebene sollte eine Suche nach Lösungswegen des strukturellen Defizits forciert werden, um der Querschnittsaufgabe von Biosphärenreservaten auch bei der Verwaltung gerecht zu werden und um die Mitbestimmung bzw. -gestaltung der regionalen Akteure institutionell zu verankem. Es wäre beispielsweise denkbar, dass eine Institution mit der Aufgabe der Wirtschaftsförderung (unabhängig von der hoheitlichen Verwaltung) obligatorisch wird. Über diese Institution sollten vordringlich Pilotprojekte und Modellvorhaben in Kooperation mit der ansässigen Wirtschaft initiiert werden, die über das Spektrum der bisherigen, "traditionellen" Projekte in Biosphärenreservaten hinausgehen. In einigen deutschen Biosphärenreservaten gibt es in diesem Zusammenhang bereits vielversprechende Ansätze in Form von Regionalagenturen oder privatrechtlichen Betriebsgesellschaften. Diese stellen einen ersten Schritt in Richtung eines professionellen Regionalmanagements dar, das die Positionierung der Region im Wettbewerb zum Ziel hat. Zusätzlich müsste man die Frage klären, wie man Gremien wie das Kuratorium oder den Beirat bei Entscheidungen besser einbinden könnte, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen "Top-down"- und "Bottom-up"-Entscheidungen zu schaffen.

Im Endeffekt wäre also eine Dreiteilung der Verwaltung denkbar, die sich aus hoheitlichem Aufgabenträger (in der Regel die Naturschutzbehörden), einer Institution für Regionalmanagernent sowie einem intensiv beteiligten Gremium aus den verschiedenen Nutzergruppen zusammensetzt.

Das Fallbeispiel hat eindrücklich gezeigt, wie der gesamte Prozess der Ausweisung eines Biosphärenreservates durch die mangelhafte Einführung der Planungsabsichten bei den regionalen Akteuren und der Bevölkerung zum Scheitern gebracht werden kann. Fehler, die im Vorfeld gemacht werden, können nur sehr schwierig korrigiert werden. Daher sollten auf der praktischen Ebene von Beginn an alle Nutzergruppen und Betroffenen in die Diskussion mit einbezogen werden. Keinesfalls darf sich die Planung eines Biosphärenreservates auf einen Insiderkreis beschränken, der sich schwerpunktmäßig aus Akteuren des Naturschutzes zusammensetzt. Besonders die nutzerbezogenen Leitlinien und Zonierungen sollten in Kooperation mit den Betroffenen entwickelt werden, wobei auch eventuelle Nutzungsbeschränkungen und nachteilige Auswirkungen des Biosphärenreservates offen zur Sprache gebracht werden müssen. Schließlich sollte die Bevölkerung von Beginn an umfassend über die Planungsabsichten unterrichtet und durch kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit auf dem Laufenden gehalten werden. Durch diese Maßnahmen wird die Planung und Einrichtung eines Biosphärenreservates zwar langwieriger und arbeitsintensiver. Dafür werden jedoch möglicherweise eine aktive Mitgestaltung und Eigeninitiative der Beteiligten gewonnen, die für das Funktionieren eines Biosphärenreservates unverzichtbar sind.

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