STAATLICHES NATURHISTORISCHES MUSEUM BRAUNSCHWEIG

Braunschweig, 23. November 2005

Pressemitteilung

Wieder entdeckte Meilensteine der Mammutforschung
in einer Sonderausstellung des Staatlichen Naturhistori-
schen Museums in Braunschweig

Die historischen Original-Belegexemplare der wissenschaftlichen Erstbeschreibung des bekanntesten eiszeitlichen Säugetiers – des Wollhaarmammuts Mammuthus primigenius – galten seit dem 2. Weltkrieg als verschollen bzw. zerstört. Kürzlich konnte jedoch ein 1799 von J. F. Blumenbach beschriebener Mammutzahn sowie ein von G. W. Leibniz schon 100 Jahre früher abgebildeter Backenzahn eines Mammuts an der Universität Göttingen wieder aufgefunden werden. Nun werden diese Sensationsfunde in der neuen Sonderausstellung „MAMMUT – Elefanten der Eiszeit“ des Naturhistorischen Museums in Braunschweig vom 1. Dezember 2005 bis 18. April 2006 zusammen mit sibirischen Mammutskeletten erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.

Eines der bekanntesten Tiere der letzten Eiszeit ist das heute ausgestorbene Wollhaarmammut, welches meist nur kurz als „Mammut“ bezeichnet wird. Während der Weichseleiszeit (115.000 - 11.500 Jahre vor heute) lebte es über einen Zeitraum von etwa 100.000 Jahren auch in unserer Region.

Im Jahre 1799 wurde das Wollhaarmammut erstmalig wissenschaftlich von dem berühmten Göttinger Naturforscher und Professor der Medizin und Anatomie Johann Friedrich Blumenbach (1752–1840) beschrieben. Die von Blumenbach bearbeiteten Knochen- und Zahnfunde stammten aus Osterode am Harz und aus Sibirien. Blumenbach gab dem Wollhaarmammut den wissenschaftlichen Namen Elephas primigenius, was wörtlich übersetzt „erstgeborener“ Elefant bedeutet, heute wird es als Mammuthus primigenius (Blumenbach, 1799) bezeichnet.

Ähnlich dem „Ur-Meter“ gibt es für jede heutige oder ausgestorbene Tier- oder Pflanzenart ein so genanntes Typusexemplar. Diese dienen als Referenzexemplare und sollen garantieren, dass ein zoologischer Name von allen Autoren einheitlich verwendet wird.
So auch für das Wollhaarmammut. Seit dem Ende des 2. Weltkrieges galt das damals im Naturhistorischen Museum der Universität Göttingen aufbewahrte Belegstück als verschollen bzw. zerstört. Deshalb wurde vor 15 Jahren von russischen Wissenschaftlern ein neuer Typus („Neotypus“) für das Mammut festgelegt.

Rund ein Jahrhundert vor Blumenbach hatte der bedeutende Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) in der von ihm ca. 1698 verfassten (und 1749 posthum veröffentlichten) “Protogaea“ (Abhandlung von der ersten Gestalt der Erde und den Spuren der Historie in Denkmalen der Natur) einen bei Salzgitter-Thiede ausgegrabenen Mammutzahn abgebildet, der von ihm jedoch als Zahn eines Meerestieres gedeutet worden war. Auch dieses historisch bedeutsame Original wurde in Göttingen aufbewahrt und galt seit dem 2. Weltkrieg als verloren.

Im Zuge einer Umstrukturierung der paläontologischen Sammlungen im Geowissenschaftlichen Zentrum der Universität Göttingen, konnten der Kustos Dr. Mike Reich und der Student Alexander Gehler das verloren geglaubte „Urstück“ des Mammuts sowie den „Leibniz-Zahn“ wieder finden. Dr. Mike Reich dazu: „Die Originaletiketten bzw. Beschriftungen fehlten gänzlich. Das Blumenbach-Stück konnte jedoch anhand einer genauen Zeichnung des amerikanischen Wirbeltierpaläontologen H. F. Osborn aus dem Jahre 1942 eindeutig identifiziert werden. Ebenso ließ sich auch der Leibniz-Zahn anhand des 1749 veröffentlichten Kupferstichs eindeutig zuordnen. Wir sind sehr glücklich, dieses bedeutende Originalmaterial wieder in unseren Sammlungen zu wissen.“

Die beiden Sensationsfunde werden nun erstmals im Rahmen der Sonderausstellung „MAMMUT – Elefanten der Eiszeit“ im Staatlichen Naturhistorischen Museum in Braunschweig vom 1. Dezember 2005 – 18. April 2006 der Öffentlichkeit gezeigt.
Das Naturhistorische Museum in Braunschweig führt den Besucher in dieser Ausstellung von den abenteuerlichen Anfängen der Mammutforschung bis zur anschaulichen Darstellung aktueller Untersuchungen mit Hilfe der DNA-Analysen. Sie vermittelt, was wir heute über die Biologie des Mammuts wissen, wie der eiszeitliche Mensch mit ihm in Berührung gekommen ist und welche anderen Tiere Zeitgenossen des Mammuts waren.

Neben den wieder entdeckten Zähnen werden die beeindruckenden Skelette vom Wollhaarmammut und seinem Vorgänger, dem Steppenmammut präsentiert. Beide stammen aus den Sammlungen der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau, ebenso wie der Originalabguss des berühmten Mammutbabys „Dima“. Die Entdeckung der vollständig erhaltenen Mumie dieses nur wenige Monate alt gewordenen Mammuts im Dauerfrostboden Sibiriens war 1977 eine Weltsensation. Ebenso spektakulär waren die ersten Bergungen von Kadavern ausgewachsener Mammuts. Das „Adams- Mammut“ (1806) und das „Beresowska-Mammut“ (1901), das nahezu vollständig geborgen werden konnte, sind Meilensteine der Mammutforschung. Ausgestellt sind Haut, Haare, Fleisch und Blut dieser beiden historischen Mammutfunde.
Die Inszenierung eines Eiszeitjägerplatzes sowie steinzeitliche Werkzeuge und Kunstgegenstände machen deutlich, welche hervorragende Bedeutung das Mammut auch für die kulturelle Entwicklung des Eiszeitmenschen hatte.

„Wir möchten mit dieser Ausstellung zeigen, welche Informationen über eiszeitliche Tiere und ihre Umwelt aus fossilen Überresten gewonnen werden können“, betont Museumsdirektor Prof. Dr. Ulrich Joger. „Dabei wollen wir das Augenmerk auf die reichen Fossilfunde unserer Region lenken.“

Ein reichhaltiges Programm mit Führungen, Unterrichtsveranstaltungen, Vorträgen und anderen Sonderveranstaltungen, ein gleichnamiges Buch zur Ausstellung und ein Mammutshop runden die Ausstellung ab. Ermöglicht wurde die Mammut-Ausstellung durch die großzügige Unterstützung der Nord/LB und der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz.

Am Mittwoch, dem 30.11.2005 um 11 Uhr findet im Staatlichen Naturhistorischen Museum in Braunschweig eine Pressekonferenz zur Ausstellungseröffnung statt. Zu dieser Pressekonferenz möchten wir Sie herzlich einladen. Unabhängig davon stehen wir Ihnen für weitere Auskünfte gern zur Verfügung.

Kontakt:
Prof. Dr. Ulrich Joger (Direktor)
Staatliches Naturhistorisches Museum
Pockelsstraße 10
38106 Braunschweig
Telefon (0531) 28892-10, Fax (0531) 28892-50

Gerhard Pohl (Ausstellungskonzeption, Museumspädagogik)
Staatliches Naturhistorisches Museum
Pockelsstraße 10
38106 Braunschweig
Telefon (0531) 28892-12, Fax (0531) 28892-50

Dr. Mike Reich (Kustos)
Geowissenschaftliches Zentrum der Universität Göttingen
Museum, Sammlungen & Geopark
Goldschmidtstraße 3
37077 Göttingen
Telefon (0551) 39-7998, Fax (0551) 39-7918

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