Von denen Gäpeln oder Geipeln, auch darunter vorhandenen Schächten und Gruben.

Daß bei denen Berg- und Hütten-Wercken an und auff dem Hartz, sonderlich zum Claus-Thal, Zellerfeld, und andern Orten des Hartzes mehr, viele curieuse Sachen zu sehen sind, wird keiner läugnen, der dieselben einmahl in Augen-Schein genommen hat. Es ist aber genug, wenn ein Curiosus, so keine Profession von Berg-Wercks-Sachen machen will, sich davon die folgenden, als fürnehmsten, durch einen so genannten Geschwornen, oder andere Berg-Bedienten, vor ein Trinck-Geld zeigen lässet, und zwar in der Frühe-Stunde oder bei der ersten Schicht, so sich um vier Uhr früh Morgens anfänget, und biß zu Eilffe währet, denn eine solche, zumahl ungewohnte, Arbeit ein voller Bauch nicht wohl verrichten kan. Hat er nun einen Führer bekommen, so muß er mit demselben in ein bei der Grube vorhandenes Zechen-Haus gehen, daselbst seine Kleider aus- und davor Berg- oder Gruben-Kleider anziehen, weilen man sich in denen Gruben ziemlich besudelt, in welcher Figur er mit nach dem Gäbel, so auch Gäpel und Geipel genennet wird, wandert, alwo ihm der Führer weiset, wie Ertz und Berg mit Pferden aus der Grube durch den Treib-Schacht gezogen, oder, wie die Berg-Leuthe reden, getrieben werden. Ein solcher Geipel ist unten rund, und oben spitz zu, wie ein Thurm, von Holtz gebauet, auch mit tannenen Schindeln oder Bretern bedecket. Die Runde desselben ist neunzig, und die Weite dreißig Ellen, damit die Pferde Raum zu gehen haben. Mitten in dem Gäpel befindet sich eine tieffe Grube oder Kessel, darinnen eine Spille stehet, die oben einen Korb hat, um welchen die Ketten gehen, daran die mit Ertz und Berg angefüllte Tonnen aus der Grube gezogen werden. Endlich gehet quer durch diese Spindel der Schweng Baum, woran man die Pferde spannet, welche die Spille oder Spindel herum treiben. Wenn denn eine Tonne herauff gewunden, und ausgestürzet worden, ruffet der Ausrichter, oder der Berg-Mann, so Achtung giebet, daß die Tonnen nicht an einander haken, sondern unverhindert in dem Schacht auff und nieder gehen: Zaupff! welches das Zeichen ist, daß der Fuhr-Mann die Pferde zurück treiben soll, damit die ledige Tonne wieder hinunter, und die angefüllte wieder herauff kommen könne. Ausser diesen Gäbeln giebet es auch Wind-Gäpel, welche oben an dem Tache Flügel wie die Wind-Mühlen haben, und, an Statt der Pferde, von dem Winde umgetrieben werden, weilen aber der Wind gemeiniglich unbeständig zu sein pfleget, so ist diese Invention mehr curieus als nutzbar bei denen Berg-Wercken, derohalben sind dieselben auff dem Hartz bald wieder in Abgang gerathen, und habe ich noch vor etlichen Jahren einen solchen Wind-Gäpel bei dem Zeller-Feld, und dergleichen bei dem Hahnen-Klee, alwo mein seliger Vetter Zacharias Harbord, ein auff dem Hartz, seiner vortrefflichen Berg-Wissenschafft und Glückes wegen, berühmter Mann, gewohnet, in vollem Still-Stande angetroffen. Ich erinnere aber eine jede curieuse Person, daß solche bei der Beschauung des Geipels und andern Berg-Wercks-Sachen, die Berg-Leuthe mit dem Berg-Gruß: Glück auff! anrede; denn so man zu denenselben, wie im Lande gebräuchlich Glück zu! saget, lachen sie entwender darüber, oder hören es nicht gerne, weilen etliche derselben, aus Einfalt, solches vor einen bösen Wunsch halten, und vermeinen: wie man ihnen damit wünsche, daß das Berg-Werck ein- oder zugehen, und sie erschlagen solle. Von dem Geipel bringet der Führer den Curiosum in das an denselben gebauete Vor-Haus, und zeiget ihm den Schacht, oder das in die Tieffe gebrochene, und, zu Verhütung des Einfallens, mit Holtz-Werck verzimmerte Loch, wodurch man auff vielen unter einander und sehr stickel gesetzten Fahrten in den Schacht, und von dar in die Grube viele Lachter tieff hinab steigen, oder wie die Berg-Leuthe reden, fahren, muß. Vor gedachte Fahrten sind nichts anders, als starcke Leitern von zwanzig biß dreißig Spalen oder Staffeln; doch können es die Berg-Leuthe nicht wohl leiden, daß man die Fahrten Leitern nennet, und geben vor; wie der Schinder Leitern führe, hingegen sie Fahrten brauchten. Es kömmet aber das Einfahren demjenigen, so es entweder nicht gewohnet, oder corpulent ist, beschwerlich an, denn er solches etliche Tage in Armen und Beinen fühlet; über das ist solches auch nicht gantz ohne Gefahr, massen wenn irgend durch einen falschen Tritt oder Entgleitung derer Hände ein Unglück sich zutragen, und jemand also von der Fahrt hinunter fallen solte, solcher ohne Zweifel um sein Leben kommen, und zerschmettern würde, und ist solches die Ursache, daß offtmahls etliche von denjenigen, so zuvor niemahls einen Schacht gesehen, sich noch vor demselben bedencken, ob sie mit einfahren wollen oder nicht. Allein ein recht curieuses Gemüthe scheuet keine Arbeit, und kan man der Gefahr durch gute Vorsichtigkeit und festes Anhalten wohl vorkommen, wie ich denn Frauen-Zimmer habe mit einfahren gesehen, so beides nicht geachtet, worunter einesmahls eine mir am allernähsten verwandte Person, die es im Fahren denen darbei vorhandenen Manns-Volck, wo nicht zuvor, doch gleich that. Es müssen aber die Weibes-Personen sich ebenfalls in einen Berg-Habit verkleiden, sonst dieselben mit ihren langen Röcken auff denen Fahrten nicht fortkommen könten, und es dieserwegen leicht Hals-brechende Arbeit geben würde. Nachdem nun der Curiosus sich resolviret, mit einzufahren, brennet der Führer ein mit Tacht und Unschlitt, welches sich nicht, wie das Oehl, verschütten lässet, versehenes Gruben-Licht an, weilen man ohne dasselbe, so wohl in dem finstern Schacht, als in der dunckeln Grube, nichts auszurichten vermag, alsdenn fähret derselbe voran in den Schacht, welchem der Curiosus nachfolgen, und sich in Acht nehmen muß, da er nicht zu geschwinde nachfahre, und dem Führer, oder einem andern, wenn ihrer etliche aus Curiosität mit einander fahren, auff den Kopff oder die Hände trete, als welches eine solche unverdingte und gefährliche Arbeit ist, daß davon bald einer Hals und Beine brechen könte. Wenn man denn also eine oder mehr Fahrten herunter gefahren, und irgend über solcher ungewohnten Arbeit müde worden ist, kan man nach Belieben an einem und andern Ort wohl ausruhen, indem sich ein bretener Boden zwischen einer jeden Fahrt, biß zu unterst hinunter, befindet, alsdenn fähret man auff solche Art weiter, und so lange fort, biß man endlich in die Grube oder Zeche kömmet, alda der Führer die Oerter oder Hölen zeiget, wo die Berg-Leuthe das Ertz und Gestein gewinnen oder arbeiten, welche offtmahls in denen Gruben, die starck beleget oder gebauet werden, so groß, als eine ziemliche Kirche oder andere Gewölbe, sind. Die Arbeit hierinnen ist nicht einerlei, denn einige mit einem Hand-Feustel, und Berg-Eisen, insgemein Schlägel und Eisen genannt, das Gestein und Ertz Stückweise abhauen, etliche mit Pulver grosse Stücke davon abschiessen, zumahl in denen Gruben, da das Gestein sich nicht will stuffen lassen, sondern sehr feste, und nicht wohl zu gewinnen ist, zu dem Ende sie in dasselbe mit einem ziemlichen langen, starcken, gestahlten, unten viereckigten und scharffen Eisen, welches der Bohrer genennet wird, ein Loch schlagen, oder, wie die Berg-Leuthe reden, bohren, solches mit Pulver füllen, einen langen Schwefel-Faden also darauff legen, daß das eine Ende eine ziemliche Weite ausser dem Loche hänget, endlich das Loch oben wohl verwahren, den Faden anstecken, und davon lauffen, unterdessen der Schwefel biß an das Pulver brennet, und solches anzündet, welches denn das vor dem Loche vorhandene Gestein und Ertz mit einem hefftigen Knall absprenget. Es ist aber lustig zu sehen, wenn ein jeder von vorgedachten Häuern oder Arbeitern, derer offtmahls in Ertz-rei chen Gruben über dreißig an einem Orte vorhanden sind, ein Gruben-Licht vor sich hat, und alles vor und über denselben von Ertz schimmert und gläntzet. Nicht weniger klinget es artig in die Ohren eines Zuschauers, wenn die Häuer in ihrer Arbeit mit den Instrumenten ein Klippern und Klappern verursachen, auch fast zu jedem Schlage He! schreien. Nach diesem pfleget der Führer den Curiosum auff den Fült-Ort zu bringen, alwo der so genannte Anschläger den Berg oder Ertz in die anfänglich gedachten Tonnen stürtzet oder schüttet. Ferner weiset derselbe die Berg-Festung oder Berg-Feste, welches das Ertz oder, in Ermangelung dessen, das Gestein ist, so die Berg-Leuthe hin und wieder stehen lassen, damit die Grube hierauff, als wie das Gewölbe einer Kirche auff den Pfeilern, ruhe, und nicht eingehe oder einfalle. Auff solche Berg-Festung hält der Berg-Mann sehr viel, und saget: daß man nicht Berg-männisch, sondern räuberisch baue, wenn man alles in den Zechen weghaue, und keine Berg-Feste stehen lasse. Weiter zeiget der Führer das Gezimmer, wormit an denen Orten, da es vonnöthen, unter andern die Wände in den Gruben, wenn sie sich ziehen, gefasset werden, damit dieselben nicht herein gehen, solches bestehet aus vielen grossen, dicken Bäumen, welche der Steiger im Nohtfalle unterziehen lässet, und solte es wohl mancher, der dasselbe niemahls gesehen, nicht glauben, daß so viel Holtz unter der Erde verbauet sei, als man in etlichen lang gebaueten Gruben antrifft. Ist nun die Grube vormahls Wasser-nöthig, das ist, mit so viel Wassers angefüllet gewesen, daß davor in derselben nicht hat können gearbeitet werden, so wird das Wasser daraus entweder durch einen Stollen, oder im III. Capitel von mir schon beschriebenen Stangen-Kunst abgeführet, und alsdenn von beiden dasjenige, was in der Grube sich befindet, dem Curioso gewiesen. Endlich fähret derselbe mit dem Führer wieder aus der Grube heraus, welches denn viel beschwerlicher als das Einfahren ist, massen der Leib von einer Fahrt auff die andere muß gleichsam gezogen werden, bei welcher Arbeit denn Arme und Beine das Ihrige ziemlich empfinden.

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