Dr. HUGO HAASE

Das Teufelsloch bei Osterode

Unser Harz findet an seinem Westrand ein überraschendes Ende: Die Schiefer- und Grauwackenberge brechen zwischen Herzberg und Badenhausen an einer tiefen Trennzone scharf ab. Der Geologe nennt dieses Formelement der Erdkruste die "Westrandspalte des Harzes". In der Bruchlinie sind die Schichten etwa 400 m tief eingesunken. Während die westlich davon lagernden Gips- und Dolomitgesteine in den Osteroder Kalkbergen hoch über der Söse anstehen, ruhen sie in der Spalte im Untergrunde. Hier werden sie von den Wassern des Harzes angegriffen. Denn mit dem Abbrechen der Gesteine enden auch die darin entlang ziehenden Wasserfäden. Sie dringen in die Tiefe ein, lösen das Gips- und Kalkgestein auf, schaffen dabei Hohlräume und verschwinden in die weiterab gelegenen Salzlager. Manchmal haben dann die Kaliwerke, wie erst kürzlich in Reyershausen bei Göttingen beobachtet, starke Wasserzutritte abzufangen. Die unterirdischen Hohlräume aber stürzen im Laufe der Zeit ein; und wie wir oben auf den Höhen nach Dorste und Förste die auf die gleiche Weise entstandenen Erdfälle kennen, so haben sich im Zuge der Harzrandspalte solche Einstuztrichter oder weite Einbruchsbecken gebildet. Damit ist die Herkunft der zahlreichen "Teiche" zwischen Osterode und Herzberg erklärt, von denen viele schon verlandet oder zugefüllt sind. Aber dort, wo die unterirdischen Wasserzugänge aus dem Harz ständig fließen, sind die Vertiefungen immer als Wasserbecken erhalten geblieben, so der Jues bei Herzberg, das Kleine Teufelsbad und auch das Teufelsloch.

Aufnahme: H. Haase
Am Teufelsloch

Unser Teufelsloch liegt eingeschmiegt in die steile Abbruchswand. Nur der tiefere Teil eines hohen Trichters wird von der Wasserfläche bedeckt. Ständig sickern kleine Wassermengen in den Teich und fließen am westlichen Flachrand aus. Sie betragen etwa 175 Kubikmeter am Tag. Wenn zwar das Wasser von den Harzhängen herabkommt, so dringt es doch in den tieferen Adern an der Randspalte aus den Tiefen herauf, wo es die Zone der untergründigen Gipslager durchläuft. Das läßt sich nachweisen an den im Wasser gelösten Stoffen: Besitzt der Abfluß aus dem Teufelsloch doch 5 Grad Kalkhärte und 35 Grad Gipshärte, stellt also ein sehr hartes Wasser dar!

Es war nun interessant, zu erfahren, wie tief das "loch" wohl noch hinunterreicht. Sein umrandender Weg in der Höhe, von wo aus man im Walde hinunter auf die grüne Wasserfläche schaut, liegt etwa 14 Meter darüber. Was aber verbirgt sich noch unter der trüben Oberfläche?

Das Teufelsloch

Tiefenkarte und Tiefenprofile

vermessen und ausgelotet am 20. Dezember 1963
von Dr. Hugo Haase

Da man den Untergrund eigentlich niemals zu sehen bekommt, ist er umwittert von Sagen und Unergründlichkeit. "Teufelsloch als "dat deipe Loch" - das tiefe Loch zu deuten sein?

Deshalb habe ich am 20. September 1963 mit meinen beiden Helfern Georg Idler und August Stöpler im Schlauchboot und mit langem Schiffstau und Bandmaß die Wasserfläche kreuz und quer vermessen und die Tiefen ausgelotet. Das Ergebnis aus 112 Lotungen ist in der beigegebenen Skizze dargestellt. Nun erschrecke der sagengewohnte Leser nicht: Als größte Tiefe wurden 4,15 Meter gemessen! Also: Den Teufel haben wir nicht aus seiner Ruhe aufgestört! Auch das scheinbar Unergründliche ist mit irdischen Maßen einzufangen. Die wasserbedeckte Fläche beträgt jetzt 1225 Quadratmeter, die mittlere Tiefe ist 1,92 Meter. Danach faßt das Teufelsloch einen Inhalt von 2350 Kubikmetern.

Wie Farbenreich das Waldbild um das Teufelsloch zu jeder Jahreszeit ist, wird der Besucher selbst ersehen können. Es sei hier noch angeführt, daß die gestrichelte Umgrenzungslinie des Teufelslochs den Rand bei meiner früheren Vermessung im Juli 1934 darstellt. Der Bereich bis zum durchgehenden Umriß ist in den vergangenen 30 Jahren nahezu völlig verlandet, wenn man auch nur mit Gummistiefel den höchst unsicheren Boden betreten kann. Meßbare Wassertiefen waren jedenfalls da nicht mehr zu gewinnen.

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