Dem Konkurrenzdruck aus dem Eichsfeld gewichen

Töpferei und
Ziegelei in Osterhagen

Der Ziegeleibetrieb in Osterhagen um 1900. Später zur Holzwarenfabrik umgebaut.

Foto aus dem
Heimatbuch Osterhagen
 

Das Dorf Osterhagen wurde bis ins 20. Jh. hinein von den Nachbarn Tippendörp, Töpferdorf, genannt und seine Bewohner waren die Tippendörpschen. Bis 1901 wurde auf Grundstücken um die Kreuzung Garten- und Ulmenstraße getöpfert. In der Osterhagener Straße 50 wurde 1813 eine Töpferei von Heinrich Titius aus Zorge eingerichtet. Diese wurde 1840 von seinem Schwiegersohn Christian Hahn weitergeführt und ab 1887 von dessen Sohn Richard Hahn.

Chr. Hahn hatte den Betrieb erweitert und ein nebenliegendes Grundstück, Nr. 54, dazugenommen. Auf diesem errichtete er im Garten einige Gebäude: ein Wohnhaus für Arbeiter, einige Trockenschuppen und einen Mehrkammer-Ofen, weit größer als nur zum Töpfern. Er brannte jetzt auch Dachziegel und Ziegelsteine. Der Betrieb dieses großen Ofens war möglich geworden, nachdem durch die Inbetriebnahme der Eisenbahn 1869 Kohle zur Verfügung stand, welche wesentlich billiger war als Brennholz. In dieser Zeit sind in der Hahnschen Töpferei acht Scheiben in Betrieb, demnach wohl auch acht Töpfer beschäftigt. Für den Ziegeleibetrieb waren mindestens ebenso viele Leute nötig.

Dieser Betrieb wurde wegen der Konkurrenz der neu entstandenen Ziegelei 1901 als unrentabel eingestellt. Der benötigte Ton für die Produktion wurde auf dem Trifftgelände hinter dem Betrieb im Bereich der heutigen Ulmenstraße hereingewonnen. Die flachen Abbaue sind verfüllt worden, unter anderem auch mit Töpferbruch und Fehlbränden aus der Produktion.

Im Bereich der südlichen Trifft um das Dorf, am Herzberger Teich, Im Felde 1, betrieb ab 1807 Ernst Morich eine Ziegelei, zunächst als Feldbrand. Der dort anstehende Ton wurde an Ort und Stelle geformt, getrocknet, mit Brennholz zusammen in flache Gruben aufgestapelt, meilerartig abgedeckt und so mehr oder weniger in der Erde gebrannt. Da dieser Betrieb und sein Tonabbau sich auf gemeindeeigenem Gelände befanden, bekamen die Osterhagener die Dachziegel und Bausteine billiger, das Hundert zu 18 guten Groschen, entsprechend ¾ Taler.

Das Geschäft wurde 1852 von Louis Apel aus Bartolfelde übernommen, 1889 vom Sohn Wilhelm Apel. Auch hier wurde, nachdem Kohle zur Verfügung stand, ein Mehrkammer-Ofen gebaut. 1890 gab es hier mindestens 20 Beschäftigte. Auch dieses Werk stellte die Tätigkeit ein, nachdem 1901 die neue Ziegelei ihren Betrieb aufnahm.

Der Bauunternehmer Fritz Pfeifer aus Walkenried erbaute im Gelände vor der Heerstraße 1898 eine moderne Dampfziegelei. Mit der Fertigstellung 1901 übernahm sie der Unternehmer Hermann Hesse. Die Fertigung lief auf einer teilmechanisierten und mit einer Dampfmaschine betriebenen Strecke sowie in zwei Ringöfen. Es bestand Bahnanschluß. Der benötigte Ton, Grauer Salzton bzw. Residualtone des jüngeren Zechsteins, wurde in einer ausgedehnten Grube am "Hölzchen" in ca. 500 Meter Entfernung in mehreren Ebenen abgebaut und mit einer Pferdebahn ins Werk gebracht. Der Betrieb schaffte in Osterhagen etwa 100 Arbeitsplätze.

In dieser Zeit sind in der Region, besonders im benachbarten Eichsfeld, einige moderne Ziegeleien entstanden. Nun gab es auch für größere Betriebe Konkurrenzdruck. Die Tonvorkommen der Buntsandsteingebiete des Eichsfeldes waren ziegeleitechnisch besser geeignet. Die Qualität der in Osterhagen gebrannten Ziegel war schlechter. So ist der Betrieb schon am Beginn des ersten Weltkrieges nicht mehr auf der vollen Höhe seiner Leistung gewesen. 1918 wurde er aufgegeben und verkauft. Es entstand in den großen Gebäuden ein holzverarbeitender Betrieb, der bis in die Wirtschaftskrise 1928 bestand. Danach wurden alle Gebäude geschleift, bis auf das heute noch stehende Bürohaus. Die Tongrube am Hölzchen wurde wieder Viehwiede.

1944 richtete die SS im unteren Teil der Tongrube ein Lager der III. Baubrigade ein. KZ-Häftlinge aus Buchenwald bzw. Dora leisteten von Juni 44 bis April 45 Zwangsarbeit beim Bau der am Bahnhof Osterhagen beginnenden und unvollendet gebliebenen Helmetalbahn. Es waren Menschen aus vielen Ländern Europas, die in diesem berüchtigten Todeslager unter schwersten Bedingungen leben und arbeiten mußten. Sehr viele sind dort qualvoll und unwürdig gestorben. Um diese Tatsache im Bewußtsein der Menschen zu halten, wurde am 10. April 1999 am Rande des Lagers in der ehemaligen Tonkuhle von der Arbeitsgemeinschaft Spurensuche in der Südharzregion zusammen mit der Stadt Bad Lauterberg und KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora ein Gedenkstein samt Erinnerungstafel eingeweiht.

GPS-Koordinaten
N 51.5864° E 10.4960°

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