Die Höhlen im Kosackenberg

An einem namenlosen Bergsporn zwischen Kattenburg und Kosackenberg, befinden sich mehrere kleine Höhlen, die durch archäologische Funde eine große Bedeutung erlangt haben. Die Höhlen sind unter dem Namen "Schuchardtshöhlen" bereits bei BERG (1924) sowie STOLBERG (1926) genannt. Verschiedentlich werden die Höhlen auch unter den Namen Schubberlöcher, Ausgrabungshöhlen und Höhlen in der Eschenecke erwähnt. Die Höhlen liegen im oberen, nahezu senkrecht nordwestlich abfallenden Bereich eines Steilhanges zwischen 180 und 200 Meter NN im Gips des Zechsteins 2.

Eine der Höhlen ("Opferschacht") besitzt einen heute vergitterten Zugang vom Plateau (Foto). Alle anderen Mundlöcher liegen unterhalb der Hangkante. Hinsichtlich der Morphogenese lassen sich drei Typen erkennen. Im nördlichen Teil sowie westlich unterhalb des Komplexes I finden sich deutlich korrosiv geprägte, mäandrierende Gänge.


Übersichtsplan der Ausgrabungshöhlen (umgezeichnet nach BEHM - BLANCKE)
links Komplex I / Nord, rechts Komplex II / Süd

Der markanteste und größte Raum des Komplexes I stellt eine hangparallele atektonische Klufthöhle dar, die deutlich die relativzeitlich älteren Mäander schneidet. Im Komplex II herrschen korrosive Klufthöhlen, teils im Übergang zu Trümmerhöhlen (Inkasionsstadium) vor. Deutliche Anhaltspunkte für eine Entstehung an der Grenze von vadoser und phreatischer Zone, wie sie für zahlreiche Gipshöhlen charakteristisch sind, lassen sich z. Z. hier augenscheinlich nicht finden. Bei den in der archäologischen Literatur häufig erwähnten "20 Höhlen" handelt es sich um Bezeichnungen von Fundstellen, jedoch nicht um einzelne Höhlen im Sinne der speläologischen Terminologie.

Die umfangreichen Grabungen des Museums für Ur- und Frühgeschichte Thüringens (heute: Landesamt für archäologische Denkmalpflege) unter Leitung von Prof. Dr. BEHM-BLANCKE fanden von 1951 bis 1957 statt.

Eine fesselnde populäre Darstellung der Grabungen gab BEHM-BLANCKE (1958). Seinerzeit war ein außergewöhnlich reges öffentliches Interesse an den Befunden zu verzeichnen. Die Ursache dafür liegt nicht zuletzt in der kultischen Bedeutung der Höhlen, die BEHM-BLANCKE (u. a. 1956, 1959, 1976, 1989) intervallmäßig für vier Perioden in der Zeit von 1700 bis 600 v.u.Z. nachweisen konnte. Das Fundmaterial insgesamt ist der jüngeren Linienbandkeramik, der Stichbandkeramik und der Rössener Kultur, der Aunjetitzer Kultur und der Hügelgräberbronzezeit, der Urnenfelderbronzezeit sowie der Späthallstatt- / Frühlaténezeit zuzuordnen. Neben Keramik und Steingeräten sind zahlreiche menschliche Knochen mit Schnittmarken, Reste gerösteten Getreides, Spinnwirtel und Birkenrindenschachteln hervorzuheben, deren Fundzusammenhang auf rituellen Kannibalismus schließen lässt. WALTER (1985) gibt dazu eine gedrängte Übersicht, und er sieht die Bedeutung der Lokalität in ihrer Funktion als ein zentrales Heiligtum für die Bevölkerung einer größeren landschaftlichen Einheit. Eine monographische Darstellung der Grabungsergebnisse steht gegenwärtig noch aus.


Literatur:
MÄDEL, Marvin & WALTER, Diethart (2010): Die Kulthöhlen am Kosackenberg bei Bad Frankenhausen, Kyffhäuserkreis.- Mitt. Verb. dt. Höhlen- u. Karstforsch. 56(4):116-118, München

BAUER, L. [Ed.]: Handbuch der Naturschutzgebiete der Deutschen Demokratischen Republik. Band 3. Naturschutzgebiete der Bezirke Magdeburg und Halle (Saale). - Leipzig, Jena, Berlin: Urania-Verlag 1973, 278 S.

BEHM-BLANCKE, G.: (1958): Höhlen - Heiligtümer - Kannibalen - Archäologische Forschungen im Kyffhäuser.- Leipzig

BEHM-BLANCKE, G.: Heiligtümer, Kultplätze und Religion. - Archäologie in der Deutschen Demokratischen Republik. Denkmale und Funde. 1. Archäologische Kulturen, geschichtliche Perioden und Volksstämme [Ed.] Joachim HERRMANN: Stuttgart: Konrad Theiss Verlag 1989, S.166 - 176

WALTER, D.: Thüringer Höhlen und ihre holozänen Bodenaltertümer. (Weimarer Monographien zur Ur-und Frühgeschichte 14) - Weimar: Museum für Ur- und Frühgeschichte Thüringens 1985

GPS-Koordinaten
N 51.3681° E 11.0778°

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