Osteröder Kalkberge

Der hiesige Standort befindet sich auf den „Osteröder Kalkbergen“. Im Jahr 1893 wurde hier aus Backstein und mit 14 m Höhe der Sedansturm als Aussichtsturm im Gedenken an die Schlacht von Sedan* errichtet, der allerdings 1982 wegen Baufälligkeit gesprengt werden musste.

Der Sedansturm

Aufnahme vom März 1982
Foto: Dietward Matzander

Von der Steilkante kann man in das Auslaugungstal blicken. Im Tal, begraben unter mächtigen Schottern des Söseflusses, liegen nur noch geringmächtige Reste von Gips.
Die Talbildung erfolgte teilweise durch die Auslaugung dieses Gesteins, zum überwiegenden Teil jedoch durch die Klimagesteuerte Erosion (Permafrost) während des Eiszeitalters. Vereinzelte Erdfälle im Raume Petershütte (Söse- und Bremketal) deuten auf Lösungsvorgänge in der Tiefe hin. Wahrscheinlich versickern geringe Wassermengen aus Söse und Bremke und treten in den Quellen um Förste wieder zutage.

Über dem Gips befindet sich der Staßfurtdolomit. Am Standort läuft man auf den graubraunen Ablagerungen entlang. Der Dolomit nimmt nach Süden zu größere Flächen ein. Während der Gips in einem etwa 100 m tiefen Meer entstand, sprechen die Dolomitablagerungen für flaches Wasser.

In den Steinbruchswänden lässt sich gut erkennen, wie die Oberfläche des vergipsten Anhydrits unter Einfluß der Niederschläge verkarstet wird. Zum Teil ist das unruhige Relief der Dolomit - Anhydrit - Grenzfläche aber auf Sedimentrutschungen während der Ablagerung im Zechsteinmeer (vor 250 Millionen Jahren) zurückzuführen.

Die Gipsklippen der Osteröder Kalkberge sind erdgeschichtlich dem Werra-Anhydrit als ältester Serie des Zechsteins zuzuordnen. Ihre heutige Gestalt prägte allerdings der seit Jahrzehnten hier umgehende Gipsabbau. Neben dem weißen, relativ weichen Gipsgestein (CaSO4 x 2 H2O) wird auch der darunterliegende blau-graue, wesentlich härterer Anhydrit (CaSO4) abgebaut, der in der Baustoff- und Zementindustrie Verwendung findet.

Die von weitem noch sichtbaren großen Stollenmundlöcher zeugen davon, dass der kompakte Anhydrit auch im Untertagebau gewonnen wurde. 1944 war hier eine unterirdische Erdölraffinerie im Bau, wozu Häftlinge des Außenlagers „Dachs IV“ des KZ Mittelbau-Dora eingesetzt waren.

Die Gesamtmächtigkeit des Sulfat-Komplexes beträgt im Bereich der Osteröder Kalkberge nachgewiesenermaßen bis zu 200 m. Davon bestehen aber nur die oberen 10 bis 15 m aus reinem Gipsgestein. Darunter liegen Gips-Anhydrit-Mischgesteine, und erst dann folgt der reine Anhydrit.

1994 wurde für einen Großteil dieser Klippen der Abbau eingestellt und mit Maßnahmen der Renaturierung begonnen. Hierzu wurden zwischen 1995 und 2000 großflächig Soden von Halbtrockenrasen, die aus anderen Abbaubereichen stammten, auf Flächen verbracht, die vorher mit einem geeigneten Bodensubstrat versehen worden waren. Hierdurch konnte erreicht werden, dass typische Indikatorarten und gefährdete Arten der Kalkmagerrasen in kurzer Zeit wieder angesiedelt werden konnten.

Herminium monorchis
oder
Honigorchidee

(vom Aussterben bedroht)

Am Nordende der Osteröder Kalkberge befindet sich der Pagenberg. Auf ihm wurde im 12. Jahrhundert die Befestigungsanlage der Hindenburg erbaut. Die Burgruine, dessen Bergfried, ein Caminata-Bau, ihr wohl beeindruckendstes Merkmal gewesen sein mag, erhebt sich ca. 30 m über der Söse. Der Pagenberg, zu dem auch das Naturdenkmal „Königstein“ gehört, besteht aus Dolomit (Magnesiumkalk) und ist geologisch dem „Stinkschiefer“ zuzuordnen. Ursprünglich entstanden ist der Königstein aus Korallen als Riffbildung im Zechsteinmeer unter tropischen Bedingungen.

GPS-Koordinaten
N 51.7348° E 10.2253°

* Die Schlacht von Sedan fand am 1. Sept. 1870 im Deutsch-Französischen Krieg statt. Mit der Kapitulation der französischen Truppen und der Gefangennahme des französischen Kaisers Napoléon III. am 2. September war sie vorentscheidend für den Ausgang des Krieges.

[ Der Sedanturm auf den Gips-Klippen bei Osterode ]

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