Die St. Andreas-Kirche zu Tettenborn

Historische Mitteilungen über die Geschichte der Tettenborner Patronatskirche

Zusammengestellt vom Ortschronisten Burkhard Schmidt aus der Kirchenchronik
von Pastor Dr. Trautgott Jacob (1881 – 1900).



Bei unserer Kirche handelt es sich um eine schlichte mit wenig pompösen Inhalten. Dies ist einerseits sicherlich dem zu schulden, daß es sich hierbei um eine Patronatskirche handelt. Sie ist eine der wenigen Patronatskirchen im Südharz, erbaut wurde die Kirche auf dem sogenannten Tempelberg der in unmittelbarer Nähe des Ritterguts lag. Die ehemalige angrenzende Gutsscheune wurde daher auch als Tempelscheune bezeichnet.

Dem Patron oblag es das Kirchengebäude zu erhalten, er war dazu berechtigt eine Patronatsloge zu errichten. Im Todesfall stand ihm ein Begräbnis in der Kirche zu bzw. er konnte sich eine Familiengruft errichten. Bei der Patronatsfamilie der Freiherren von Tettenborn hat es sich überwiegend über viele Jahrhunderte um Ritter, Burgleute oder später um Offiziere in überwiegend deutschen Armeen gehandelt, welche die Patronatspflichten häufig vernachlässigten und wenig in das Kirchengebäude investierten. Zumal sie sich im 16. Jahrhundert eine eigene Kapelle, die Julianen oder Tettenbornsche Kapelle, im Kloster Walkenried errichteten.

Die erste Erwähnung, findet man 1305 in den Walkenrieder Urkunden, um diese Zeit wurde ein Kirchlein gebaut und als erster Pfarrer Hildebrand genannt.

Die ersten beiden Glocken, stammen aus dem nicht mehr vorhandenen Dorfe Wittgerode welche die Bewohner um 1415 nach der Schlacht um Osterhagen und dessen Zerstörung beim Umzug von Wittegerode nach Tettenborn mitbrachten.

Zwischen 1500 und 1600 erfüllten die Herren von Tettenborn als Patrone der Kirche Ihre Verpflichtungen nicht und die Kirche verkam so sehr, daß sie zum Gottesdienst kaum noch zu benutzen war. Das Kirchenschiffsdach und das Turmdach waren völlig undicht, es regnete in die Kirche und so verklagte die Gemeinde die Patronatsherren vor dem „Hohen Gericht in Bleicherode“. Diese wurden zur Wiederherstellung der Kirche verurteilt.

Eine erste Erwähnung in den Kirchenbüchern findet man 1606, darin heißt es, daß der Kirchturm und die Kirche fertiggebaut wurden, der Gottesdienst angefangen wurde und vier Glocken in den Turm gebracht worden. Das jetzige Kirchengebäude wurde auf alte Fundamente gebaut. Der Turm, ist anhand der Fenster im späten Ausgang des 13. Jahrhundert erbaut worden. Die drei gleich hohen Fenster des Schlusses (Ostseite) d.h. die hinter dem Altar stammen aus dem Jahre 1608, sind also ursprünglich, im spätgotischen gedrückten Spitzbogen erstellt, die abgeschrägten Fensterbänke sind durch eine tiefe Hohlkehle versehen. Im J. 1854 wurden die Fenster auf der Südseite, drei, ebenfalls v. J. 1608 stammend, und das Fenster auf der Nordseite durch Nachreißen nach unten verlängert, auch neue Fensterbänke, jedoch nach dem Muster der alten eingesetzt.

Im Jahr 1608, wurde die Kirche vom Superintendent Thomas Reimann eingeweiht.

Pastor Sveishelmi (1706 bis 1708) berichtet: “Es ist auf hiesiger Pfarre noch ein Register gewesen, welches 1608 geschrieben worden ist. Nach diesem, ist das hiesige Gotteshaus, genannt St. Andreas, 1608 wieder fertig gebaut. D.h. an den bestehenden Turm wurde das Langhaus „Kirchenschiff“ angebaut.
Für den Dachstuhl des Kirchenschiffes und für Decken im Turm wurden Balken aus dem verfallendem Kloster Walkenried verwendet, die Kehlen im Holz sollen mit Ochsenblut behandelt worden sein.

Auf der Südseite befindet sich eine zugemauerte Tür, sie hat zur sogenannten Antonio-Halle geführt, einem kleinen Vorbau, wie solcher noch jetzt auf der Südseite der Kirche in Sachsa in Fachwerk ausgeführt war. Die Tür war vermutlich der Eingang für den Pastor gewesen, da das jetzige Pfarrhaus noch nicht vorhanden war. Das gegenüberliegende einstöckige Häuschen am Kirchhof an der Clettenbergerstraße, welches später dem Leutnant v. Tettenborn (noch 1721) gehört, war das erste Pfarrhaus.

Während der größten Not in Europa und der Empörung über Krieg (Dreißigjährige Krieg 1618-1648) ließ die Christliche Gemeinde ein auf Holz gemaltes Bild des Heiligen Abendmahl anfertigen. Welche Auswirkungen die Reformation auf Tettenborn hatte sind nicht niedergeschrieben. Nach dem Westfälischen Frieden von 1648 wurde Tettenborn eine Kurbrandenburgische Enklave unter der Herrschaft des Hauses Sayn-Wittgenstein.

Nach dem Tod der Pastorenfrau von Georg Christoph Jahn (1723 – 1741) läßt dieser 1732 eine hölzerne Epi-taphtafel in der Kirche anbringen, die noch gut erhaltene Sterbetafel wird derzeit noch den Besuchern vorenthalten.

Erste bauliche Änderungen wurden 1748/49 von einem Tischler aus Stöckey an der Empore, wegen des Einbaus einer neuen Orgel vorgenommen. Im Jahr 1751 wird der Altar verkleinert, aus dem großen Stein werden Pflastersteine für das Kirchenschiffes hergestellt. Auch mußten die Gewölbe unter den Pfeilern verfüllt werden, da es immer wieder zu Einbrüchen wegen der Erbbegräbnisse des Tettenborner Adels sowie der Pastoren kam.

Wie in vielen nordischen Ländern wurde 1761 auf Kosten der Gemeinde anstelle des Taufsteines ein in weiße, fliegende Gewänder gekleideter Taufengel aus Holz für achtzig Thaler angeschafft, welcher rechts vom Altar, vor dem Patronatsstuhle schwebt, an einem Flach gesponnenen Seil oben im Dachstuhle befestigt ist und auf und ab gezogen werden konnte. Er trägt in seiner rechten Hand eine Halterung zur Aufnahme der Taufschüssel und in der linken einen Spruchzettel mit den Worten: Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht. Mark. 10,42. Hierbei handelte es sich um eine Eigentümlichkeit der Kirchen in der Kreis Grafschaft Hohenstein.

Im Jahre 1771 findet man den Eintrag, daß sich auf der östlichen Empore die zum Rittergute gehörige Gutsherrenloge befand, diese hatte große Fenster zum Inneren des Kirchenschiffes und hatte einen eigenen Eingang mit einer Außentreppe auf der Nordseite.
Der Patronatsstuhl wurde von der Empore abgezweigt und trug oberhalb der Fenster auf grauem Grunde die Inschrift: „Alles ist an Gottes Segen und an seiner Huld gelegen.
A.W. v. Tettenborn. W.H.C. v. Mingerode. MDCCLXXI (1771). An einem Pfeiler unter dem Patronatsstuhl ist ein Opferstock befestigt, der die Form einer Console hat. Dieser Opferstock befindet jetzt am Ausgang.


Wegen Platzmangels an Ruhestätten innerhalb der Kirche wird 1790 auf der Ostseite der Kirche (Zugang von außen vom alten Friedhof) eine Begräbnisgruft für die Familie von Tettenborn gebaut.

Aus Platzgründen wird 1804/05: eine neue Empore an der Südseite gebaut, sie erstreckt sich von der Mittagsseite an der Orgel bis herunter vor den Beichtstuhl. Die bisherige Kanzel kommt über den Altar und aus dem Beichtstuhl geht eine Treppe auf dieselbe. An der Mittagsseite (Südseite) auf der neuen Prieche wird für die Schulkinder, die ihren Platz an der Orgel verlieren, eine neue Bank aufgestellt. Die Verlängerung der Fenster nach unten war nötig, weil zu wenig Licht durch den Bau der Empore in die Kirche eindrang. Wegen einer weiteren Empore an der Südseite, war die Anfertigung einer neuen Kanzel mit Kanzelhimmel und neue Weiberstühle notwendig.

Die letzte Bestattung eines Angehörigen des Tettenborner Adels fand 1820 statt.

Ein Brand der „Tempelscheune“, welche gegenüber der Nordseite der Kirche lag. Zerstörte 1845 die Große Gutsscheune, am heutigen Jungfernsteig. Am Standort der Kirche gab es in heidnischen Zeiten eine Dinggerichtsstätte d.h. ein mit einer mächtigen Linde bestandener und mit einem ringförmigen Graben umgebener Hügel, er wird Tempel genannt. Dieser Name deutet hin auf seine ehemalige Bedeutung als Heiligtum, nämlich als Opfer- und Gerichtsplatz in altheidnischer Zeit. Neben demselben, lag der Ritterhof, der auch „Hof“ genannt wurde. Dieser Hof am Brunnen des Teto, und dessen Wohnhaus als villa Tettenburnen bereits 1324 erwähnt wurde. An der Südseite dieses Gerichtsplatzes oder Tempels, etwa 100 Schritte entfernt wurde die kleine Dorfkirche erbaut.

Die kleine Tür in der Nordseite wurde 1855 durch eine neue im gotischen Style ersetzt.

Ein Wohnhaus, gegenüber der Nordseite der Kirche, wurde 1855 niedergerissen und an dessen Stelle ein Schaf- oder Ochsenstall gebaut. Diese Hälfte des Ritterguts der jetzige Jungfernstieg wurde das Knorrsche-Böhmersche bzw. Mauderoder Gut oder auch nur kurz Hof genannt.

Ein weiterer Umbau und Veränderungen am Altar und der Kanzel werden 1872/73 ausgeführt. Die Kanzel wurde an der Ostwand hinter dem Altar angebracht. Dabei wurde der Taufstein der ursprünglich an der Tür in der Nordseite stand entfernt, er soll dann 1882 beim Umbau des Stallgebäudes des früheren Steinmüllerschen Hofes, jetzt Louis Kleemann gehörigen Ackerguts im Kuhstalle als Wassertrog gefunden worden sein und befindet sich seitdem auf dem dortigen Hofe unter der Dachrinne im Westen des Wohnhauses. Von dem alten Altare ist das Steinwerk und das bereits erwähnte Altarbild geblieben. 1875 wird über der Kanzel ein Schaldeckel angebracht und die Hinterwand der Kanzel verkleidet, welches im Inneren der Kirche zur Verdunkelung führte.

Ein links vom Altar stehender Terrakotta-Taufstein wurde am 2. Ostertag 1897 eingeweiht, bei der Renovierung 1956 zerbrach dieser dann.

Eine neue Kirchenuhr aus der bekannten Uhrenfabrik Weule aus Bockenem wurde 1919 im Turmdach eingebaut, zuvor war sie unterhalb im Mauerwerk des Turms eingebaut.


Eine Frühgotische Cista (Truhe) wurde 1931 für 1.000 RM an das Nordhäuser Museum verkauft werden. Wegen notwendiger Reparaturen in Höhe von 200 RM an der Truhe bot die Stadt Nordhausen 750 RM, dieser Vorschlag wurde vom Kirchenrat angenommen.
Die Truhe aus acht Zentimeter starken Eichenbohlen misst in ihrem Äußeren 136 x 74 x 62 cm und wiegt 3 Zentner. Über viele Jahrzehnte stand sie im Turm hinter der Orgel. Heute steht sie als eine der wenigen noch erhaltenen Frühgotischen Hausmöbel im Museum Flohburg in Nordhausen.


Während der Nazizeit wurden in den 1940-Jahren auf Befehl des Ortsgruppenleiters und Hauptlehres Rank durch die Hitler-Jugend die östlichen 3 Fenster eingeschmissen. Nur noch ein Fragment der zerstörten Fenster ist übriggeblieben und wurde 1956 in ein kleines Seitenfenster eingebaut. Glasgemälde gab es nur in den Kirchen zu Günzerode und Tettenborn.

Von 1954 - 1996 wird die Kirchengemeinde Tettenborn die zur Kirchenprovinz Sachsen mit Sitz in Magdeburg gehört, unter die treuhändische Verwaltung der Westfälischen Kirche dem Kirchenkreis Herford gestellt. Sie war, die am nächsten gelegene unierte Kirche. Die damalige Kirchenzuordnung zur unierten Kirche erfolgte durch die 1818 erfolgte Preußische Neuorganisation der Kirchen.

Eine Generalrenovierung der Kirche wird 1956 durchgeführt, dabei wird u.a. die an der Südseite errichtete Empore abgerissen, ein aus Beyermannsteinen (Steinbruch in der Nüxeier/Wittgeroder Feldflur) gefertigter Altar wird aufgestellt, die Kanzel an der Ostseite wird von dem Mittelfenster an die Südseite verlagert. Die an der Nordseite befindliche Loge der Freiherren von Tettenborn wird abgerissen der Außenaufgang und die Seitentür verschlossen.

Der Kirchturm wird 1987 aus Fördermitteln der Dorfsanierung neu verschiefert, die Turmkugel und die Turmuhrzeiger werden neu vergoldet.

Durch einen massiven Befall vom Gewöhnlichem Nagekäfer sind Teile der Deckenbalken über dem Kirchenschiff und der Emporenkonstruktion sowie unterhalb der Glockenstube angegriffen. Im Bereich des Kirchendachs sind Auflager der Holzbalken angefault dies Schäden werden 2019 mit Mitteln der Dorfsanierung und der Landeskirche Braunschweig behoben. Der Dachreiter oder die Turmlaterne mit der Stundenglocke wird komplett erneuert. Das Dach wird neu eingedeckt und die Zeiger der Turmuhr saniert und neu vergoldet.

1732 hölzernes Epitaph für die Ehefrau des Pastors Georg Christian Jahn

[ Predigt zu 400 Jahre St. Andreas zu Tettenborn ]

Impressum / Datenschutz