Die Johanniskirche
als katholische Kirche im 19. Jahrhundert


Während die Kirchenvisitation von 1579 keine "Papisten" in Osterode feststellte, hatte sich bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch Zuwanderung wieder eine katholische Gemeinde gebildet, deren zahlenmäßige Stärke 1814 mit über 100, 1815 dagegen mit 70-80 Seelen beziffert wurde, also wohl mit rund 100 Seelen anzusetzen ist. Die Katholiken zu Osterode wurden zunächst vom katholischen Eichsfeld aus betreut, bis sie zur Zeit des westfälischen Königtums Jerômes die Wiederherstellung einer selbständigen Kirchengemeinde in Osterode anstrebten. Sie traten zunächst mit der Schloßkirchengemeinde in Verhandlungen wegen Mitüberlassung der Kirche zu ihren Gottesdiensten und fanden bei dem Kirchenvorstand grundsätzliche Zustimmung. Doch scheiterte der Plan am Widerspruch des evangelischen Konsistoriums zu Heiligenstadt. Deshalb bestimmte König Jerômes am 19. 12. 1812 die St. Johanniskirche zum alleinigen Gebrauch der Katholiken, verpflichtete diese aber zur baulichen Unterhaltung der Kirche. Da der erste katholische Pfarrer, Goldmann, schon kurz nach seiner Berufung weiter nach Geisleben bei Heiligenstadt versetzt wurde und die Gemeinde für die nächste Zeit ohne Seelsorger blieb, wurde der katholische Gottesdienst zu St. Johannis wieder eingestellt. Erneute Bemühungen der Katholiken im Jahre 1819, die Wiedereinräumung der Kirche zu erreichen, führten zu keinem greifbaren Ergebnis. 1844 begannen wiederum Verhandlungen, die schließlich zu dem Magistratsbeschluß vom 15. 5. 1848 führten, daß die St. Johanniskirche der katholischen Gemeinde unentgeltlich widerruflich überlassen werden solle. Doch mußte die katholische Gemeinde wie schon 1812 die Verpflichtung übernehmen, die Kirche baulich zu unterhalten und im Bedarfsfall ihre Benutzung durch die Evangelischen zu gestatten. Als die Katholiken 1851 die käufliche Überlassung der Kirche beantragten, lehnte die Stadt dies zwar ab, sagte aber zu, daß die erteilte Benutzungsgenehmigung nur im äußersten Notfalle widerrufen werden solle. Da diese Versicherung das unerwünschte Provisorium nicht beseitigen konnte, entstand in der katholischen Gemeinde der Plan, in einem Neubau wieder das alleinige Verfügungsrecht über ihre Kirche zu besitzen. Die Verwirklichung zog sich bis zur Jahrhundertwende hinaus. Am 29. 11. 1904 konnte endlich der katholische Kirchenvorstand dem Magistrat mitteilen, daß die alte Johanniskirche von der Gemeinde nicht mehr benötigt werde, da inzwischen die unweit erbaute neue katholische Kirche in Gebrauch genommen sei. Am 7. 2. 1905 erfolgte die Rückgabe von St. Johannis an den Magistrat. Danach hat die als Bauwerk älteste Kirche Osterodes nur mehr etwas über 20 Jahre bestanden. Im Jahre 1926 fiel sie wegen ihres baulichen Zustandes der Spitzhacke zum Opfer.

Quelle: Wolfgang Müller (1952): Die Kirchen und Klöster zu Osterode am Harz, S. 67-68

Impressum / Datenschutz